Bericht von der Botanik-Exkursion am 24.05.2025

Information zum NSG Streckelsberg / ©Bernd Schirmeister
Information zum NSG Streckelsberg / ©Bernd Schirmeister

Heute sollte es in die Botanik gehen. Geht es ja eigentlich immer, aber heute wollten wir uns auch mit ihr beschäftigen. Das hat den Vorteil, dass die Objekte des Interesses nicht flüchtig sind wie mancher Vogel und manches Säugetier.

 

Wobei es in diesem Jahr erstaunlich ist, dass überhaupt Kräutich wächst, seit Januar so gut wie keine Niederschläge, zwar immer sonnig, aber immer kalt, immer windig. Und trotzdem wurde es überall grün.

 

Noch auf dem Weg vom Parkplatz zur Seebrücke beobachteten wir einen Mäusebussard, der heftig von den Strandnebelkrähen gemobbt wurde. Auf dem Rückweg waren es zwei Bussarde, die auch riefen, wohl ein heimisches Revierpaar.

 

 

Zehn Mitglieder der NABU- Gruppe und Interessenten trafen sich dann um 9.00 Uhr auf dem Seebrückenvorplatz in Koserow. Denn es sollte hoch hinausgehen. Der Streckelsberg war das Ziel, mit 60 m einer der exponierten Punkte an der Usedomer Außenküste, was sich auf Verteilung und Vorkommen der Pflanzen noch nicht auswirkte.

Da kam auch schon Werner Schnapp, unser bester und leider auch einziger Botaniker in der NABU-Gruppe, der sich bereit erklärt hatte, uns heute zu führen. Werner hatte einige Pflanzen gleich in einer Tüte mitgebracht, Heilpflanzen sowie Giftpflanzen, die auch Heilpflanzen sein können, denn bekanntlich macht die Dosis das Gift. Viele Pflanzen enthalten Wirkstoffe, die für oder gegen etwas sind.

 

Bärlauch, Maiglöckchen, Herbstzeitlose, Wiesensauerampfer, wir lernten, dass sie Flavonoide, Alcaloide oder wie das Maiglöckchen Colchizin enthalten.

 

 

Es machte großen Spaß, Werner in seiner ruhigen und sachlichen Art zuzuhören. Er kann hervorragend erklären. Nicht nur die Arten, manchmal war der lateinische Name präsenter als der deutsche, eben ein Geobotaniker. 

Werner erklärt, und alle hören zu / ©Bernd Schirmeister
Werner erklärt, und alle hören zu / ©Bernd Schirmeister

Verblüfft, erstaunt, begeistert waren wir in noch größerem Maße von dem enormen Hintergrundwissen, das Werner gleichsam kenntnisreich und unterhaltsam darbot. Scheinbar aus dem Handgelenk, ohne Buch oder App. Aber Ergebnis jahrelanger intensiver Beschäftigung mit der heimischen Pflanzenwelt, an der man oft genug zu achtlos vorbeigeht oder sie im Garten als Wildkraut oder Beikraut (Unkraut sagt man nicht mehr) bekämpft. Tee geht dabei jedoch fast immer oder Wildkrautsalat. Wenn man es denn richtig zu bestimmen und zubereiten weiß.

 

Auf dem Weg zum höchsten Punkt des Streckelbergs kamen wir kaum vorwärts, denn ständig wuchs Neues am Wegesrand.

 

Gundermann zum Beispiel, der bei Magen- und Darmentzündungen hilft.

 

Löwenzahn unterstützt die Funktion der Leber oder die Gallensaftproduktion.

 

Die intensiv riechende Knoblauchrauke taugt als Tee bei Infekten der Luftwege.

 

 

Bei Waldmeister gibt das Cumarin  den Geschmack, hilft bei Schlafstörungen. Und auch bei Bowle und Götterspeise, wobei die kräftig grüne Farbe dort eine Beimischung der chemischen Industrie ist.

Bekannt ist Holunder, von dem Blüten (Holundersirup, Holundersekt - eine herrliche Erfrischung im Sommer) und im Herbst die Früchte (Saft, Holundersuppe) genutzt werden. Die schwarzblaue Farbe ist echt, wie jeder weiß, der sich daran mal versucht hat.

 

 

Ebenso bekannt ist die Große Brennnessel, kann zwar brennen, aber nicht, wenn man sie geschickt anfasst. Sie wirkt blutreinigend, beliebt im Frühlingssalat.

Nun kam der Efeu dran, der auf dem Streckelsberg eine der auffälligsten Pflanzen ist. Überall bodendeckend, aber auch an fast jedem Baum empor kletternd, in teil beeindruckend dicken Exemplaren. Efeu ist eine Heilpflanze, wirkt als Tee gegen Keuchhusten. Sie enthält aber Alcaloide, so dass man sich lieber auf die in der Apotheke erhältliche Dosierung verlassen sollte.

 

Violas Kinder kannten eine Stelle an der Steilküste mit einem Fuchsbau, in deren Nähe jetzt die Jungfüchse beobachtet werden konnten. Tatsächlich, es klappte.

 

 

Auch Vogelstimmen ließen sich aus dem dichten Blattgewirr vernehmen. Buchfink, Mönchsgrasmücke, Zaunkönig, Rotkehlchen und Meisen dominierten. Auch alle drei heimischen Laubsänger Fitis, Zilpzalp (Weidenlaubsäger) und Waldlaubsänger ließen sich im Verlauf der Exkursion hören. Aber dann- ein prägnanter Ruf - der Zwergschnäpper. Einer der zuletzt heimkehrenden Zugvögel. Ein Weitstreckenzieher, der in Indien überwintert. Bei uns selten, denn er ist auf alte Buchenwälder angewiesen. Er mag es aber dunkel, so dass zwingend Unterwuchs, z.B. aus Jungbuchen vorhanden sein muss. So wie am Streckelsberg, wo wir insgesamt sogar drei Reviere Zwergschnäpper fanden.

 

Nun aber wieder zurück in die Botanik.

Hainrispe, Trespe, Zwiebelrispengras, einblütiges Perlgras, Waldknaulgras- alles Gräser, alles Rispen, für Werner kein Problem, wir versuchten mitzuhalten.

Schwierig wurde es nur kurz für ihn bei der Unterscheidung von Gamanderehrenpreis und Persischem Ehrenpreis. Ähnlich wie bei Teich- und Sumpfrohrsänger, aber die singen wenigstens unterschiedlich.

 

An Sträuchern hatten wir schon den Holunder und die Schneebeere, nun der Weißdorn, prächtig blühend momentan. Aber eingrifflig oder zweigrifflig?

 

Neben den vorherrschenden Rotbuchen und Ahorn fanden wir auch Bergulmen mit nur wenig schiefem Blattansatz, im Gegensatz zur Flatterulme mit deutlich asymmetrischen Blatthälften. Beide sind ja im Alter durch das Ulmensterben, verursacht durch einen eingeschleppten Pilz,  im Bestand stark rückläufig.

Am höchsten Punkt des Streckelsberges wollten wir die Aussicht genießen, allein -  es gab keine mehr. V.a. Kiefern sind im Laufe der Jahre hochgewachsen. Zwar Naturschutzgebiet, aber Prozessschutz um jeden Preis an dieser Stelle ist vielleicht nicht angebracht.

 

Dafür entschädigte uns ein Schwalbenschwanz, wahrlich keine alltägliche Erscheinung, wunderschön flatternd im nun auch zum Vorschein gekommenen Sonnenlicht.

 

Nun Nachtkerzen, deren Öl gegen Hautkrankheiten hilft.

 

Jetzt ging es wieder bergab über altes Laub, das auch im trockenen Zustand sehr rutschig ist.

 

Diese Stelle war noch einmal besonders interessant. Wir fanden die Vierblättrige Einbeere und viele Blätter des hier charakteristischen Leberblümchens. Es gehört zu den Frühblühern und ist ebenso wie die hier zahlreichen Buschwindröschen bereits verblüht.

Der Rückweg ging dann deutlich schneller vorstatten. Wir bewunderten die 200jährigen Buchen längs des Rad- und Wanderweges, während die bergab sausenden Radfahrer den Rausch der Geschwindigkeit genossen und von all dem Schönen ringsherum nicht viel mitbekamen.

 

Danke Werner, für Deine kurzweilige Führung. Zu jedem Kraut wusstest du etwas Interessantes zu berichten, so dass alle Teilnehmer ihren botanischen Horizont doch um Einiges erweitern konnten.

 

 

Bericht: Bernd Schirmeister