Dohlenschutz in der Kirche Lassan (10.03.2018)

Fotos und Bericht von Bernd Schirmeister

Dohlen gehören wie Kolkraben, Nebelkrähen und Elstern zu den Rabenvögeln. Während letztere zu den häufigen Brutvögeln im Land und auch auf der Insel gehören, ist die Dohle bei uns selten. Dabei darf man die geringen heimischen Brutbestände nicht mit den großen winterlichen Ansammlungen der Saatkrähen und Dohlen gleichsetzen, die meist aus Ost- und Nordeuropa stammen und zum Brüten im Frühjahr auch wieder dorthin zurück ziehen. In der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Brutvogelarten des Landes M-V findet sich die Dohle in der Vorwarnliste.

 

In Hinsicht auf die Brutbiologie zeigt die Dohle anders als die übrigen Rabenvögel eine große Besonderheit. Sie brütet nämlich in Höhlungen. Das können natürliche Baumhöhlen sein, aber v. a. werden Möglichkeiten in Gebäuden wie Kirchen, Türmen, auch Ruinen und manchmal in Schornsteinen genutzt. Gern nehmen Dohlen auch Nistkästen in geeigneter Größe an, so dass für ihren Schutz aktiv etwas getan werden kann.

 

Auf der Insel Usedom selbst gibt es keine aktuellen Brutvorkommen, aber auf dem inselnahen Festland. So brüten Dohlen mit etwa 20 Paaren in einer Kolonie auf dem Rest der ehemaligen Eisenbahnbrücke mitten im Peenestrom bei Karnin. Ein auch langjähriges Brutvorkommen mit etwa 14 Paaren existiert in der Kirche der Stadt Lassan am Peenestrom. Dort brüten die Dohlen in Lüftungslöchern rings um den mehrstöckigen Glockenraum im Turm. Dohlen sind eifrig beim Eintragen von Nestmaterial, das aus Zweigen und Aststücken besteht. Sind die Höhlen entsprechend geräumig, können im Laufe der Zeit große Nester entstehen. Und genau daran lag das Problem in der Lassaner Kirche. Durch die Lüftungsschächte hatten die Dohlen Zugang zum Inneren des Kirchturms. Im Laufe der Jahrzehnte hatten sie so unvorstellbar große Mengen an Zweigen in den Glockenraum eingetragen, die das Innere der Kirche nicht unerheblich verschmutzten. Teilweise fielen die Hölzer sogar hinunter bis hinunter auf den Boden des Kirchturms. Nun sollten die Dohlen natürlich nicht vertrieben werden, sondern ihre angestammten Brutplätze behalten. Aber gegen die zunehmende starke Verschmutzung musste etwas getan werden. Damit alle Beteiligten und Betroffenen auf der sicheren Seite sind, wurde im Vorfeld mit der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises V-G eine Vor- Ort- Begehung durchgeführt. Im Ergebnis wurden protokollarisch konkrete Vereinbarungen über die Art der Maßnahmen und ihre Umsetzung getroffen.

 

In Absprache mit der Lassaner Pastorin, Frau Anne Plagens, trafen sich deshalb am 10.03.18 drei Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe Usedom zu einem Arbeitseinsatz. Ziel war es, das Eindringen der Dohlen in den Glockenraum zu verhindern und zwar so, dass die Brutplätze für die Vögel dabei weiter nutzbar waren. Olaf Wenzel hatte das Werkzeug und Material besorgt. Gebraucht wurden Holzplatten und Leisten sowie ein engmaschiges Netz. Es wurde ein sportlicher Vormittag. Schon der Aufstieg und Transport des Materials die enge Wendeltreppe des Turmes hinauf war schweißtreibend und akrobatisch. Es folgte Werkzeug und Technik wie Akkuschrauber und Handkreissäge. Weiter ging es hinauf über enge und steile Holztreppen bis in den Turm, der auch das Geläut beherbergt. Jede Viertelstunde ertönte es aus nächster Nähe. Auch die Dohlen ließen sich hören. Nachdem wir schon beim Ausladen des Materials auf dem Kirchhof etliche Dohlen, meist paarweise beobachten konnten, hörten wir sie nun von den Gesimsen draußen rufen. Da aber noch nicht gebrütet wurde, war die kurzzeitige Störung unproblematisch. Bald bekamen wir Hilfe. Die Pastorin hatte fleißige Helfer an ihrer Seite, die begannen, das im Glockenraum verstreute alte Nistmaterial zu bergen und hinunterschaffen. Dabei konnten allenfalls Harken und große Säcke für den Transport zum Einsatz kommen. Jeder volle und reichlich schwere Sack musste ebenfalls mühevoll die steilen Treppen hinuntergeschafft werden.

 

Nun ging es an die eigentliche Arbeit. Das große, aus einer ehemaligen Vogelvoliere stammende Netz wurde passend für jede der engen Ecken zugeschnitten eingepasst. Zum Befestigen an den uralten Eichenbalken nutzten wir die mitgebrachten Leisten. Das war richtig anstrengend. Oft konnte nur kniend oder halb liegend gearbeitet werden. Zudem musste ständig auf die eigene Sicherheit beim Herumbalancieren im Gebälk geachtet werden. Es gab zwar Strom und einige Lampen, die den riesigen Glockenraum spärlich erleuchteten. Die von Torsten Lauth mitgebrachte Stirnlampe erwies sich jedoch als äußerst nützlich für den optischen Teil, sonst sah man manchmal beim Einschlagen die Nägel nicht. Zudem war es extrem schmutzig und staubig. Alte Sachen hatte jeder an, aber gut getan hätte auch ein Mundschutz. So arbeiteten wir uns Etage für Etage vor.

 

In der Kirche brüten jedoch nicht nur Dohlen, sondern auch Turmfalken und Schleiereulen mit je einem Paar. Turmfalken sind in der Kirche schon länger zu Hause. In dem vor einigen Jahren angebrachten Schleiereulenkasten brüteten bisher jedoch immer wieder Dohlen. Im vergangenen Jahr konnte erstmals die Anwesenheit von Schleiereulen nachgewiesen werden. Es wurden reichlich von den typischen Gewöllen gefunden, zudem ein Ei und ein toter Jungvogel. So baute Olaf Wenzel in einer Ecke über der Turmuhr aus den mitgebrachten Platten und Leisten einen zweiten Nistkasten ein, zu dem die Eulen von draußen freien Einflug haben. Ständige Bewohner der Kirche sind zudem Fledermäuse.

 

Gegen Mittag war die Arbeit getan und alle Gerätschaften wurden wieder herunter geschleppt. Nun kamen auch die mitgebrachten Getränke zum Einsatz, sehr nützlich zum Hinunterspülen der Staubmengen. Zum Abschluss gab es noch ein paar schöne Flugspiele der Dohlen zu sehen, die in rasantem Tempo um den Kirchturm sausten. Hoffen wir auf eine gute Brutsaison.

 

 

 

Text und Fotos: Bernd Schirmeister