Wintervogelzählung 2016

Zusammenstellung und Auswertung: Bernd Schirmeister

Auswertung der Wintervogelzählung 2016 auf der Insel Usedom

 

1. Teilnahme/Zählstrecken der Usedomer NABU- Regionalgruppe

 

-        insgesamt wurden sechs Zählstrecken auf der Insel bearbeitet, die bereits seit 2009 Bestandteil des von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft des Landes M-V initiierten Monitorings sind

 

-        diese Datenreihen erlauben inzwischen viele Aussagen zum Vorkommen und zur Verbreitung unserer Wintervögel unter den verschiedenen Bedingungen winterlicher Witterung und interessante Vergleiche, da sich die Gebietskulisse nicht verändert hat

 

-        die wichtigsten Lebensraumtypen Wald, Offenland und Siedlung wurden durch die Zählung abgedeckt

 

-        insgesamt waren sieben Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe beteiligt:

 

-        Siedlung:   Heringsdorf (K.- H. Loist, M. Kaster)

    Bansin: (B. Schirmeister)

-        Wald: zwischen Kölpinsee und Ückeritz (K. Räsch)

 -       Offenland: zwischen Zinnowitz und Krummin (A. und K. Knapp)

 auf dem Gnitz (W. Nehls)

 im Thurbruch (B. Schirmeister)

 

2. Methodik

 

-        nach der vorgegebenen Anleitung waren je eine Zählung in den Monaten Januar bzw. Februar in etwas vierwöchigem Abstand durchzuführen, unter möglichst günstigen meteorologischen Bedingungen

 

-        die zu wählende Route sollte zwischen 3 und 5 km lang sein, dabei sollte möglichst nur ein Lebensraumtyp kartiert werden

 

-        auf dieser Route waren alle Vögel zu erfassen, die eine Beziehung zum untersuchten Gebiet haben

 

-        das Zählgebiet sollte dabei kartenmäßig innerhalb eines Messtischblattes liegen, um spätere überregionale Auswertungen zu erleichtern

 

 

 

3. Erfassungsbedingungen

 

-        wie schon die Winter 2013/14 und 2014/15 war auch dieser erneut ein Mildwinter bis Anfang Januar war es fast durchgängig frostfrei

 

-        danach setzte eine kurze, aber intensive Frostperiode ein, die zum Zufrieren aller Binnengewässer führte und in der Landschaft durch den fehlenden Schnee den Boden tief gefrieren ließ

 

-        nach zwei Wochen setzte wieder Tauwetter ein

 

-        im Februar gab es viele Tage mit positiven Temperaturen im einstelligen Bereich

 

-        Niederschläge fielen nur selten und in geringem Maße

 

-        dadurch waren oftmals gute Erfassungsbedingungen während der Zählperiode gegeben

 

 4. Ergebnisse

  -        der milde Witterungsverlauf, aber auch die Frostperiode zu Anfang des neuen Jahres hatten natürlich starke Auswirkungen auf die Ergebnisse

 

-        insgesamt wurden 15430 Vögel erfasst und damit fast exakt so viele wie 2015 (15515 Ind.)

 

-        dabei wurden bei der ersten Zählung im Januar 9424 (2015: 8186) und bei der zweiten im Februar 6006 (2015: 7329) Ind.  erfasst

 

-        diese Zahlen sind schon ein Hinweis auf den gleichmäßig milden vorigen Winter und die diesjährige Winterflucht einiger Arten nach dem Kälteeinbruch

 

-        die festgestellte Gesamtzahl ist erneut die bisher höchste im gesamten Untersuchungszeitraum

 

-        insgesamt wurden 70 Arten registriert, nach 76 Arten 2015 die bisher zweithöchste Artenzahl

 

-        dabei wurde das Gros der Vögel erneut von wenigen Arten bzw. Artengruppen dominiert, das sind Gänse, Krähenvögel, Meisen und Finken, zum Teil aber durch die anfangs milde Witterung auch Drosseln und Stare

 

-        viele Arten kamen oft nur in kleinen Gruppen oder Einzelexemplaren vor

 

-        die große Anzahl der Arten zeigt aber auch sehr gut die Vielgestaltigkeit der untersuchten Lebensräume sowie deren Habitatqualität, wobei es dabei zu teilweise großen Unterschieden kommt:

 -              Siedlung:    40 Arten

 -              Offenland: 37 Arten

 -              Wald:         20 Arten

 

-        dabei gibt es einige Spezialisten, die nur in einem Lebensraum anzutreffen sind wie z. B. der Haussperling, aber generell ist der Wald im Winter am artenärmsten, sichert aber für einige Arten wie Spechte, Kleiber, Hauben- und Tannenmeisen, die sich von Sämereien ernähren, das Überleben.

 

-        Manchmal stellen sich diese Arten auch in geringer Zahl an Futterstellen ein. Siedlungen bieten auf Grund von Futterstellen, Schlafplätzen und eines günstigeren  Kleinklimas für viele Arten gute Überlebensmöglichkeiten im Winter. Das betrifft viele Singvogelarten wie Meisen, Finken, aber auch Krähenvögel.

 

-        Wird im Freiland die Nahrung knapp stellen sich auch Greifvögel wie Sperber und Mäusebussard in den Ortschaften ein, um erfolgreich auf Kleinvögel zu jagen.

 

-        Weichfresser wie Amseln finden in Obstgärten noch Nahrung.

 

-        sehr artenarm sind hingegen oft reine Feldfluren, was einen deutlichen Hinweis auf die ausgeräumte und strukturarme Landschaft darstellt, die den Vögeln oft kaum Nahrung, Schutz und Deckung bieten kann

 

4. 1. Wasservögel

 

-        diese Arten sind nicht vordergründig Zielarten des Programms, da ihre Vorkommen bereits gut durch die verschiedenen Wasservogelzählprogramme erfasst werden

 

-        trotzdem rasten v. a. Gänse und auch Schwäne in den großen Niederungen der Wiesen und auch in der Feldflur, Enten und Reiher nutzen dort Gräben zur Nahrungssuche

 

-        während der ersten Zählung hielten sich z. B. im Thurbruch große Scharen von Blässgänsen auf, die bei der zweiten Zählung nicht mehr angetroffen wurden, weil sie auf den Temperatursturz mit Kälteflucht nach Westen reagiert hatten

 

-        insgesamt kamen 16 Arten zur Beobachtung

 

-        davon wurde ein Großteil an der Krumminer Wieck gesehen, die mit einen schmalen Streifen an das Zählgebiet angrenzt, Singschwäne nutzen dort die Rapsfelder zur Nahrungssuche

 

4.2. Greifvögel

 

-        insgesamt kamen acht Arten zur Beobachtung

 

-        häufigste Art war der Mäusebussard, gefolgt vom Seeadler, an manchen Stellen der Insel ist das Zahlenverhältnis inzwischen deutlich zugunsten des Seeadlers verschoben, insgesamt wurden 34 Mäusebussarde gesehen

 

-        (2015: 30), mit Schwerpunkt im Thurbruch, da kein Schnee lag, waren Kleinsäuger als seine Hauptbeute offenbar gut zugänglich

 

-        in den Ortschaften wurden auch Sperber und seltener der Habicht gesichtet

 

-        im Thurbruch hielt sich während des gesamten Winters ein Wanderfalke auf

 

-        die Beobachtung eines Rotmilans im Februar auf dem Gnitz deutet schon auf den beginnenden Heimzug hin, Überwinterungen wurden nicht gemeldet

 

 

4.3 Tauben und Spechte

 

-        die Türkentaube ist weiter in Abnahme begriffen und aus vielen Ortschaften inzwischen verschwunden oder nur noch mit einzelnen Brutpaaren vertreten wie in Bansin, Grund ist sicher Nahrungsmangel durch die ausgeräumte Landschaft und durch fehlende Kleintierhaltungen in den Ortschaften

 

-        Ringeltauben kamen 265 zur Beobachtung (2015: 395), ein Grund für die geringeren Zahlen kann die fehlende Buchenmast sein, einer ihrer wichtigsten Nahrungsquellen im Winter

 

-        häufigste Spechtart ist der Buntspecht mit 38 Ind. (2015: 32 Ind.), der auffällige Unterschied zwischen den Zählungen (16 bzw. 22 Ind.) ist wohl durch beginnende Balzaktivitäten im Spätwinter (Trommeln, Rufe) bedingt

 

 

4. 4. Krähenvögel

 

-        Krähenvögel wurden in allen untersuchten Lebensräumen angetroffen

 

-        erneut wurden sechs verschiedene Arten beobachtet

 

-        die Art mit der höchsten Stetigkeit ist dabei die Nebelkrähe

 

-        die hohen Zahlen kamen durch den wieder gut besetzten Schlafplatz in Bansin zustande, der den ganzen Winter bis in den März hinein durchgängig genutzt wurde, dabei nächtigen Saatkrähen und Dohlen gemeinsam, während die Nebelkrähen sich gern etwas abseits halten, im Wald am Ortsrand befand sich ein Vorsammelplatz, von dem aus dann oft erst in der Dunkelheit der eigentliche Schlafplatz am Schloonsee angeflogen wurde

 

-        dabei ist die Zusammensetzung der Schlafplatzgemeinschaft über den Winter nicht konstant, wie die Zahlen zeigen: Saatkrähe: Januar: 1165 Ind., Februar: 1420 Ind., Dohle: Januar: 775 Ind., Februar: 80 Ind..

 

-        Vor allem der Dohlenanteil schwankt stark, ein Phänomen, das auch von anderen Schlafplätzen bekannt ist.

 

-        Während Nebelkrähen auch in den Orten und am Strand Nahrung finden, verlassen die anderen Arten morgens die Ortschaften und suchen im Offenland Nahrung, ihre Verteilung ließ sich während einiger Tagesexkursionen  im Thurbruch sowie um die Stadt Usedom und bei Neppermin- Dewichow gut ermitteln

 

-        bei der Elster werden schon seit Jahren konstante Zahlen registriert (2014: 74, 2015: 75 Ind.), 2016: 81 Ind. Offenbar handelt es sich bei diesen Vögeln um den regionalen Brutbestand mit ihren Jungen

 

 

4.5. Singvögel

 

-        dazu gehören auch die oben bereits besprochenen Krähenvögel

 

-        sie sind die artenstärkste Gruppe und stellen mit 40 Arten über die Hälfte aller Arten

 

-        dabei bilden die Gruppe der Drosseln, Meisen und Finken die zahlenmäßig  größten Ansammlungen

 

-        einige Beispiele sollen das erläutern: Wacholderdrosseln wurden 1156 Ind. gezählt (Januar: 439, Februar: 717), die Art wurde v. a. im Offenland gesehen, wo sie entweder auf den Wiesen oder in Beeren tragenden Sträuchern nach Nahrung sucht, die hohe Zahl im Februar deutet den beginnenden Heimzug nach Skandinavien an, Einflüge in Ortschaften kamen witterungsbedingt nicht vor

 

-        Amseln wurden 208 gesehen (Januar: 100, Februar: 108), 2015: 108 Ind.,die jahrweisen Schwankungen sind einmal Ausdruck von -nahrungsbedingten Umverteilungen aus dem Wald in die Orte, zum anderen aber auch von Zugbewegungen, die bei dieser Art im Frühjahr erheblich sein können

 

-        Rotkehlchen wurden 43 beobachtet (Januar: 24, Februar: 19), 2015: 50, diese konstanten Zahlen sprechen dafür, dass es sich bei diesen Rotkehlchen überwiegend um einheimische Überwinterer handelt, das zeigen auch spätwinterliche Gesangsaktivitäten

 

-        Kohlmeisen wurden 477 gesehen (Januar: 261, Februar: 216), 2015: 783, die deutlich niedrigeren Zahlen können zugbedingt sein, weil auf Grund der milden Witterung nördliche Gebiete nicht geräumt wurden, andererseits kamen die höheren Werte im Januar durch sichtbaren Tageszug während der Erfassung in Bansin zustande, Kohlmeisen wurden in allen Lebensraumtypen angetroffen mit Schwerpunkten in den Orten und im Wald

 

-        ähnlich waren die Verhältnisse bei der Blaumeise mit 183 Ind. (Januar: 88, Februar: 95), 2015: 325 Ind., aber 2014: nur 158 Ind.,

 

-        Kleiber wurden 38 Ind. registriert, 2015: 41, die gute Übereinstimmung ist Ausdruck seines Zugverhaltens, da Kleiber nur ausnahmsweise ziehen

 

-        eine Überraschung stellten die 42 Wiesenpieper im Februar im Thurbruch dar, nachdem im Januar dort noch vier Überwinterer festgestellt wurden, handelt es offenbar um frühe Rückkehrer

 

-        auch skandinavische Raubwürger hatten wieder in einzelnen Ind. ihre Winterreviere im Offenland bei Krummin und im Thurbruch bezogen, so dass Gelegenheit war, diese hübsche Art bei der Jagd auf Kleinsäuger oder Singvögel zu beobachten

 

-        nachdem Stare bei der ersten Zählung im Offenland noch allgegenwärtig waren (1080 Ind.), zog es sie nach dem Kälteeinbruch doch in südliche

 

-        Gefilde (nur noch 181 Ind.)

 

-        Haussperlinge wurden 681 beobachtet (Januar: 341, Februar: 340), 2015: 615, die Art ist ausgesprochen ortstreu, jeder Teilnehmer kennt schnell die Plätze, an denen sie sich bevorzugt aufhalten

 

-        Grünfinken wurden 159 gezählt (Januar: 47, Februar: 112), 2015: 203 Ind., die Unterschiede zwischen den Zählungen lassen auf witterungsbedingten  Zuzug in die Ortschaften an die Futterstellen schließen

 

-        Erlenzeisige wurden 623 registriert, 2015: 506, sie waren an den Futterstellen teilweise die häufigste Art, das lässt auf Nahrungsmangel durch schlechte Erlenfruktifikation schließen

 

-        Buchfinken wurden nur 72 beobachtet, 2015: 137 Ind. trotz Buchenvollmast, das zeigt, dass Buchfinken unser Gebiet im Winter weitestgehend räumen

 

-        Ansammlungen von Grauammern fehlten in diesem Winter völlig, nur 1 Ind. wurde gesehen, 2015: 137 Ind.

 

-        anders sah es bei der Goldammer aus, von der 148 Ind. beobachtet wurden,(Januar: 24, Februar: 124), die hohe Zahl bei der zweiten Zählung ist durch einen großen Trupp von 116 Ind. an einer Viehhaltung im Thurbruch begründet

 

 4.6. Besonderheiten

 

Zum Abschluss soll noch auf einige Besonderheiten eingegangen werden, sind sie doch das Salz in der Suppe, nachdem man seine üblichen Verdächtigen erfasst hat und seine Pappenheimer kennt.

 

-        eine große Besonderheit stellt die Beobachtung einer seltenen Rothalsgans dar, die normalerweise am Schwarzen Meer überwintern

 

-        Kranich: Die zwei Ind. vom Februar auf dem Gnitz betreffen bereits ein Revierpaar

 

-        eine Besonderheit stellen die Winterbeobachtung der beiden Singdrosseln bei Krummin dar, die Art verlässt uns üblicherweise im Winter

 

-        eine weitere Überraschung ist die Überwinterung einer Mönchsgrasmücke, zieht die Art doch normalerweise in den Mittelmeerraum, eigentlich ein Insektenfresser, kann sie sich im Winter auf Beerennahrung (z. B. Sanddorn) und sogar erfolgreich auf Sämereien umstellen

 

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