Auswertung der Mittwinterzählung 2022

15. und 16. Januar 2022

copyright: NABU Insel Usedom
copyright: NABU Insel Usedom

1. Zählgebiete und Zähler

Datum der Zählung war der 15.01./16.01. 2022. Insgesamt beteiligten sich 19 Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe Usedom an der Zählung, sowie einige externe Ornithologen als wichtige und hilfreiche Unterstützung. Dazu kamen mehrere neue Interessenten, so dass damit hoffentlich mittelfristig ein notwendiger Generationswechsel begonnen werden kann. Ihnen sei hiermit herzlich Danke gesagt für ihren Einsatz im Gelände sowie die überwiegend schnelle Übermittlung der Daten. 

 

Im nördlichen Peenestrom erhielten wir wieder Unterstützung von D. Sellin aus Greifswald. Die Polder Johanneshof und Pinnow wurden durch K. Vegelin und J. Kotlarz von der Landgesellschaft M-V gezählt.

 

Insgesamt sind es 15 Zählgebiete auf Usedom, dem angrenzenden Festland am Peenestrom und im Peenetal, die international festgelegt sind und eine sitecode- Nummer tragen. Alle Zählgebiete wurden vollständig bearbeitet. 

 

Außerdem fand der dritte (von vier) nationale Zähltermin für Gänse statt, für die gesonderte Zählbögen auszufüllen sind.

 

Überwiegend wurden die Zählgebiete auch synchron an diesen Tagen bearbeitet. Allerdings ließ sich das nicht in jedem Fall realisieren. Es gab einzelne krankheitsbedingte Ausfälle. Das führte dazu, dass Umbesetzungen notwendig wurden und auch nicht alle Zählstrecken vollständig synchron abgedeckt werden konnten, so dass einzelne Gebiete bzw. Abschnitte auch in den Tagen um das Zählwochenende bearbeitet werden mussten. 

 

Pandemiebedingt wurden alle Absprachen für die Zählung elektronisch bzw. telefonisch durchgeführt. 

2. Wetterbedingungen

copyright: NABU Insel Usedom
copyright: NABU Insel Usedom

Ungewohnterweise gab es 2021 seit Längerem mal wieder weiße Weihnachten, noch dazu mit strengerem Frost. Das Thermometer fiel bis -12°C, was zum fast vollständigen Zufrieren der Binnengewässer und inneren Küstengewässer führte. Dadurch war alles abgeräumt, viele Wasservögel führten eine ausgeprägte Winterflucht durch und zogen in westlich gelegene Rastgebiete. Das betraf insbesondere Stockenten und andere Gründelenten sowie nordische Gänse.

 

Um den Jahreswechsel wurde es fast schlagartig wieder vorfrühlingshaft warm mit bis 10°C, der Schnee schmolz zügig und die Gewässer tauten in der ersten Januarpentade wieder auf. Erfahrungsgemäß läuft dann eine Wiederbesiedlung mit Wasservögeln deutlich zögerlicher, wenn sie erstmal weg sind. 

 

Danach gab es erneut eine Frostperiode mit nächtlichen Temperaturen bis -5°C, so dass eine windstille Nacht mehrere Binnengewässer und auch die Peenepolder erneut vereisen ließ. Kurz vor dem Zählwochenende wurde es jedoch erneut frostfrei und milder, so dass Eis und Schnee kein großes Thema mehr war.

 

Am Zählwochenende selbst war es reichlich windig, am Donnerstag noch aus Südwest, am Freitag auf Nordwest drehend und stark auffrischend. Diese Windrichtung ist für die Wasservogelzählung mit am ungünstigsten, stört doch der Wellenschlag auf Ostsee, Achterwasser, Peenestrom und Stettiner Haff die Erfassungen nicht unerheblich. Am Peenemünder Haken ist dann Hochwasser. Am Freitag schien allerdings sogar längere Zeit die Sonne und die Sicht war sehr gut.

 

Dafür begann der Sonnabend mit Sicht Null, so eine Suppe, urplötzlich am zeitigen Morgen aufgezogen und dicht wie Watte. Erst als im Verlauf des späten Vormittags etwas Wind aufkam, änderten sich diese sehr schlechten Sichtbedingungen, so dass es zum Nachmittag immer mehr aufklarte. Am Sonntag war es dagegen umgekehrt, am Vormittag passable bis gute Sichtverhältnisse, wenig Wind, dafür zog mittags wieder Nebel auf, so dass sich die Landschaft  am Nachmittag wieder einer genaueren Betrachtung entzog.

 

Für Nacherfassungen waren die Wetterbedingungen auch in der darauffolgenden Woche täglich ungünstig, Montag sehr gute Sicht, aber Westwind, dann wieder neblige und reichlich stürmische Tage im Wechsel. Erst am folgenden Sonnabend gab es fantastische Fernsichten und nachlassenden Wind, so dass dieser Tag genutzt wurde, um v. a. an der Außenküste an einigen exponierten Punkten die Datenlage z. B. bei Meeresenten zu verbessern.

 

 

Ergebnisse

Durch das milde Wetter gab es überall Wasservögel zu zählen und kein Zähler ging leer aus. Viele Zähler, die ihr Gebiet schon jahrelang bearbeiten, verfügen über gute Ortskenntnisse und Erfahrungen. Sie wissen z. B. wo Muschelbänke im Gewässer sind und mit Tauchenten zu rechnen ist oder wo sich bei ungünstigen Windverhältnissen die Enten in windgeschützte Buchten zurückziehen, auf welchen Bäumen die Seeadler gern ruhen usw. 

 

Durch die vorhergehenden Vereisungen waren in diesem Jahr keine neuen Rekorde zu erwarten. Aber darum geht es ja auch nicht, sondern um die fortlaufende Kontinuität in der Erfassung der Zählgebiete, nun schon über Jahrzehnte.

Jahr 2020 2021 2022
Gesamtzahl 42639 84483 41582
Wetterbedingungen* Mildwinter

Mildwinter bzw.

Übergangsphase

Mildwinter

*Diese Angaben sind nicht im meteorologischen Sinn zu verstehen, sondern beziehen sich auf die Bedingungen zum Zeitpunkt der Zählung.

 

2019 gab es insgesamt 40960 Wasservögel auf den Zählstrecken, so dass die Jahre 2019, 2020 und 2022 ähnliche Bestände aufwiesen.

 

Nach einer doch so großen Anzahl sah es anfangs gar nicht aus, nachdem mehrere Zähler von eher geringeren Rastbeständen auf ihren Strecken berichtet hatten. Aber dann läpperte es sich doch noch tüchtig zusammen, v. a. die Meeresenten sorgten nochmal für eine Steigerung.

Jahr 2020 2021 2022
Artenzahl 49 52 55
Seeadler / copyright: Kathy Büscher, NABU Rinteln
Seeadler / copyright: Kathy Büscher, NABU Rinteln

So waren es z. B. 2013 nur 31 Arten. Nach dem vorjährigen Höchstwert ist das nochmals eine Steigerung und für die Jahreszeit Winter eine sehr hohe Artenzahl. Wobei davon 23 Arten in Individuenzahlen von unter 50 vorkamen und davon wiederum 16 Arten mit unter 10 Individuen. Aber gerade sie werten die Exkursion oft erheblich auf, sind das Salz in der Suppe der üblichen Verdächtigen.

Schwerpunktgebiete Ind.
 Ostsee Kölpinsee bis Karlshagen

6192

Achterwasser Süd

6066

Peenestrom Mitte

5817

Stettiner Haff

4485

Damit liegen diese vier Gebiete zahlenmäßig recht dicht beieinander, wobei sich das Artenspektrum teils erheblich unterscheidet.

Auffallend wenige Wasservögel hielten sich auf den Peenepoldern auf, was aber auch nicht verwundert, denn diese Gebiete waren in den Wochen davor teils mehrfach zugefroren und wieder aufgetaut. Die Wiederbesiedlung durch Wasservögel verläuft dann im Mittwinter erfahrungsgemäß recht zögerlich.


1. Häufigste Arten

1.1 Entenvögel

Jahr 2020 2021 2022
Reiherente 2433 8040 4918

Doppelt so viele wie 2020, aber nur halb so viele wie im Vorjahr und trotzdem der Spitzenreiter. Dabei konzentrierten sich die Reiherenten auf zwei große Ansammlungen im mittleren Peenestrom und auf dem Stettiner Haff.

 

Der vorjährige Spitzenreiter Bergente 2021 mit 19894 Ind. brachte es nur auf 2496 Ind. Von dieser Art wurden allerdings in benachbarten Zählgebieten (Spandowerhagener Wieck ca. 15000, Gristower Wieck 35000 Ind.) große Ansammlungen registriert. Einige Kilometer Entfernung entschieden also über den Spitzenplatz.

Jahr 2020 2021 2022
Eisente 1121 5055 3038
Eisenten / copyright: Winfried Becker, NABU Insel Usedom
Eisenten / copyright: Winfried Becker, NABU Insel Usedom

Die hohen Zahlen der Eisente scheinen sich zu manifestieren. Sie sind im Winter in großer Zahl auf der Ostsee, man braucht wegen der Entfernungen ruhige See, gute Sicht und ein Spektiv, dann klappt es auch mit der Eisente. Im Spätwinter ziehen sie dann in den Greifswalder Bodden, um sich dort vom energiereichen Heringslaich zu ernähren, der Kraft für den Frühjahrszug in die arktischen Brutgebiete liefert.

 

Die Eisenten waren schon eifrig am Balzen und man hörte die lauten Rufe der Männchen übers Wasser schallen. Überall jagten Männchentrupps in rasantem Flug einzelne Weibchen vor sich her.

Jahr 2020 2021 2022
Gänsesäger 3184 2650 2924

Das passt gut ins Bild. Konzentrationen gab es auf dem Stettiner Haff, auf dem südlichen Achterwasser und im mittleren Peenestrom. Durch die vorhergehende Vereisung gab es sicher aber auch Abreise in die westeuropäischen Winterquartiere, v. a. nach Holland. 

 

Jahr 2020 2021 2022
Trauerente 138 2638  2574

Auf Platz vier die nächste Meeresente. Passt auch ins Bild. Trauerenten sind an der Außenküste häufige Überwinterer, aber man braucht gute Zählbedingungen, um sie zu erfassen. 

 

Balzmäßig war bei den Trauerenten noch ziemliche Ruhe. In den teilweise recht großen Trupps überwogen zwar mehrheitlich auch die Männchen, aber man ging eher der Nahrungssuche nach und tauchte nach Muscheln.

1.2 Gänse

Graugans / copyright: Kathy Büscher, NABU Rinteln
Graugans / copyright: Kathy Büscher, NABU Rinteln
Jahr 2020 2021 2022
Graugans 5482 3658 3701

In diesem Jahr wieder ganz häufig, sogar die häufigste Gans, ließ die nordischen Arten weit hinter sich.

Jahr 2020 2021 2022
Blässgans 2889 7128 1903

Rastgebiete sind die großen ehemaligen Niedermoorflächen wie das Thurbruch, entlang des Peenestroms und am Achterwasser. Als Schlafplätze werden meist umliegende Gewässer genutzt wie z. B. der Kachliner See. Einerseits war in den Tagen und Wochen vor der Zählung ganz viel Bewegung zu beobachten. So hielten sich im Thurbruch kurz vorher noch fast 3000 Gänse auf, während es am Zählwochenende weitgehend gänseleer war. Man sieht  gut an den halsbandmarkierten Ind., wie die Gänsescharen sich auch kleinräumig in Raum und Zeit bewegen. Aber ganz viele Gänse haben sich auch gänzlich vom Acker gemacht und sind in die westeuropäischen Winterquartiere gezogen. Dort ist das Gras zwar auch nicht grüner, aber der Winter milder.

Jahr 2020 2021 2022
Saatgans 2878 2866 1045

Die Art ist oft mit Blässgänsen vergesellschaftet und nutzt oft die gleichen Nahrungsflächen. Nicht selten findet man aber weitgehend artreine Trupps, wobei dann Maisstoppeln, Schwarzäcker, Wintergetreide und Raps genutzt werden. Der Nordosten von M-V ist ein wichtiges Überwinterungsgebiet für die Tundrasaatgans, insbesondere aber für die Waldsaatgans. Ihre Bestände sind stark rückläufig. Eine Hauptursache ist hoher Jagddruck besonders an den russischen Rastplätzen, selbst im Frühjahr während des Heimzuges. 

 

Erfreulich ist in diesem Jahr, dass sich viele Zähler die Mühe gemacht haben, die beiden inzwischen als eigenständige Arten geltenden Saatgansspezies zu unterscheiden. 

 

Die deutlich geringeren Rastbestände sind auf Winterflucht nach Weihnachten zurückzuführen.

Jahr 2020 2021 2022
Weißwangengans 1476 4212 1702

Weißwangengänse werden bei uns überhaupt erst seit 2005 in nennenswerter und seitdem stark steigender Anzahl beobachtet. Grund ist die positive Bestandsentwicklung in den russischen Brutgebieten, aber auch die Erschließung neuer Brutareale im skandinavischen Raum. Nun waren es mal wieder ein paar weniger auf Grund von Winterflucht, aber auch regionaler Verlagerung. So hielt sich ein kopfstarker Weißwangenganstrupp lange Zeit bei Pudagla auf, war am Zählwochenende dann aber bei Bargischow im südlichen Peenetal. Nachweisen ließ sich das durch zwei farbberingte Ind., die im Sommer auf der russischen Insel Kolgujew in der Arktis beringt wurden.

Weißwangengänse / copyright: NABU/Inge Posselt
Weißwangengänse / copyright: NABU/Inge Posselt

2. deutlich mehr Vögel

Jahr 2020 2021 2022
Zwergsäger 699 1167 2570

Das sind überraschend viele, fast genauso starker Rastbestand wie beim Gänsesäger. Konzentrationen gab es auf dem südlichen und nördlichen Achterwasser sowie dem mittleren und südlichen Peenestrom.

Jahr 2020 2021 2022
Höckerschwan 770 798 1163

Die hohen Rastzahlen können bedingt sein durch Winterflucht aus östlichen Rastgebieten. Zur Nahrungssuche genutzt werden sowohl aquatische Bereiche als auch terrestrische, v. a. Rapsfelder, wobei dann Schlafplätze auf Gewässern in der Nähe der Nahrungsflächen zur Verfügung stehen müssen.


3. gute Übereinstimmung

Jahr 2020 2021 2022
Samtente 11 102 83

Noch eine Meeresentenart. Keine neue Höchstzahl bei der Mittwinterzählung wie 2021, aber erneut viele. Keine Winterflucht wie 2021, sondern überwiegend ungerichtet fliegende Trupps. Die Art rastet ansonsten im Winter fernab der Küste in der Pommerschen Bucht, in größerer Zahl auch in den Gewässern um die Insel Greifswalder Oie.

Samtenten / copyright: Werner Bartsch
Samtenten / copyright: Werner Bartsch
Jahr 2020 2021 2022
Schellente 1459 1948 1839

Die Verteilung der Schellenten war jedoch sehr unterschiedlich, z. B. war das oft gut besetzte Achterwasser fast schellentenfrei, während in diesem Jahr etwa ein Drittel der Schellenten auf der Ostsee rasteten.

Jahr 2020 2021 2022
Graureiher 209 195 184

Graureiher sind in milden Wintern mit Ausnahme der Ostseeküste recht gleichmäßig über die Zählgebiete verteilt. Gibt es Mäuse in den Wiesen, nutzen sie auch diese Nahrungsquelle, insbesondere, wenn Gewässer zufrieren. In härteren Wintern kommt es jedoch auch zu größeren Verlusten.

Jahr 2020 2021 2022
Silberreiher 143 167 169

Erneut eine hohe Anzahl an Silberreihern. Während es im vorigen Jahr eine gleichmäßigere Verteilung gab, konzentrierten sich die Silberreiher mit allein 133 Ind. stark auf das Peenetal, obwohl die Polder bereits einmal zugefroren waren. Die Reiher nutzen dann verstärkt Wühlmäuse als Winternahrung. 


4. deutlich weniger Arten

Jahr 2020 2021 2022
Stockente 4022 7348 2750

Fast schon ein Absturz. Da hat die vorhergehende Vereisung offenbar für großräumigen Abzug gesorgt, der auch nicht durch Zuzug ausgeglichen wurde.

Jahr 2020 2021 2022
Kormoran 6098 5518  1503

Ähnlicher Absturz. Auch die Kormorane sind klar erkennbar vor dem Winter nach Westen ausgewichen. Auch an der Ostsee hielten sich kaum Kormorane auf. Am Schlafplatz Schmollensee z. B. waren es vor Weihnachten noch 6050 Ind., am Zählwochenende 137.


5. schwankende Zahlen

Jahr 2020 2021 2022
Haubentaucher 634 427 673

Bei vorhergehender Vereisung werden die Binnengewässer geräumt und die Art weicht in jahrweise unterschiedlicher Anzahl auf die Außenküste aus. So wurden auf den Ostseestrecken allein 427 Haubentaucher gezählt.

Haubentaucher / copyright: Kathy Bücher, NABU Rinteln
Haubentaucher / copyright: Kathy Bücher, NABU Rinteln
Jahr 2020 2021 2022
Singschwan 221 761 364

Die Zahlen schwanken stark. In den beiden traditionellen Rastgebieten im Lassaner Winkel und auf der Halbinsel Wolgaster Ort gab es nur bei Waschow einen größeren, schon länger verweilenden Rasttrupp. Die Nutzung dieser Bereiche ist abhängig von den angebauten landwirtschaftlichen Kulturen. Sind Rapsfelder als stark bevorzugte Nahrungspflanze vorhanden, stellen sich dort auch Singschwäne in größerer Zahl ein. Gibt es hingegen quadratkilometerweise nur Wintergetreide, fehlt die Art und zieht weiter. 

Jahr 2020 2021 2022
Blässralle 1292 583 1026

Die Art ist recht kälteempfindlich, braucht zur Nahrungssuche Gewässer mit geringen Tauchtiefen. Vereisungsperioden lösen oft großräumige Winterflucht in jahrweise unterschiedlicher Intensität aus.

Blässralle / copyright: NABU/Klemens Karkow
Blässralle / copyright: NABU/Klemens Karkow
Jahr 2020 2021 2022
Seeadler 176 87 61

Die diesjährige Zahl ist nochmals niedriger als der Vorjahresbestand. Ausnahmejahre waren 2020 mit 176 Ind. und 2018 mit 143 Adlern. Vielleicht sind sie den Gänseschwärmen nach Westen gefolgt. Vielleicht saßen etliche gut versteckt in Deckung und beobachteten die Beobachter. Vielleicht sind sie östlich verblieben, weil es dort noch gut Nahrung gab. Es wäre Kaffeesatzleserei. Dem Seeadler geht es nicht schlecht.

Jahr 2020 2021 2022
Kranich 43 205 117

Ähnliches Bild wie 2021. Die Tendenz zu verstärkter Überwinterung gibt es in westlichen Landesteilen von M-V schon seit einigen Jahren. Die Winter sind oft mild und Nahrung steht auf nicht weiter bearbeiteten Maisstoppelfeldern ausreichend zur Verfügung. Nun halten sich auch bei uns vermehrt Kraniche auf. Zum Teil sind es Revierpaare, die ihren Brutplatz gar nicht verlassen haben. An günstigen Stellen, v. a. entlang des Peenestroms, sind jedoch sogar größere Rasttrupps verblieben.

Jahr 2020 2021 2022
Sturmmöwe 1459 493 963

Mal so, mal so. Die Sturmmöwe nutzt stärker als andere Möwenarten im Winter terrestrische Habitate wie Ackerflächen und ganz bevorzugt nasse Wiesen, auf denen sie Regenwürmer erbeutet. Bei reichlichen Niederschlägen steht diese Nahrungsquelle auch reichlich zur Verfügung, so dass dann hohe Sturmmöwenzahlen registriert werden. Bei Trockenheit oder Frost fallen Regenwürmer aus und damit auch weitestgehend die Sturmmöwen.

Jahr 2020 2021 2022
Silbermöwe 1516 2340 1070

Silbermöwen sind flexibel im Ausnutzen der zur Verfügung stehenden Nahrungsquellen. Nach Stürmen nutzen sie häufig den Muschelanwurf am Strand. In diesem Jahr gab es dieses Phänomen auch. Es hielten sich aber auch viele Silbermöwen im Bereich des südlichen Achterwassers auf, wobei es dort einen Schlafplatz gibt.

Jahr 2020 2021 2022
Lachmöwe 1283 690 1092

Die Lachmöwe konzentrierte sich in diesem Jahr mit 619 Ind. besonders stark auf die Außenküste, während sie an Binnengewässern teilweise fast nur vereinzelt auftrat. Das hat sicher nahrungsökologische Gründe.


6. Besonderheiten

 

Wo hier nun anfangen, es gab erneut etliche, die die Beobachter erfreuten und oftmals das Salz in der Beobachtungssuppe darstellen.

 

Besonders sind sicher die 58 Sterntaucher (2021 aber auch schon 32) an der Außenküste. Die Art wird bei unruhigem Wasser und den großen Entfernungen wohl auch oft übersehen.

 

Mancher wird stutzen beim Lesen. Ein Basstölpel? Ja, ein Basstölpel. Der erste seit vielen Jahren bei uns und der erste überhaupt bei einer Mittwinterzählung. Ruhig segelte er auf der Ostsee auf langen Flügeln dahin und erfreute die Beobachter. Der lange Hals und der mächtige Schnabel waren gut zu erkennen. Früher dokumentationspflichtig, wird die Art nun fast sprunghaft häufiger, zählt in der westlichen Ostsee bis nach Rügen inzwischen zu einer regelmäßigen Erscheinung, wo teilweise Gruppen im niedrigen zweistelligen Bereich gesichtet werden.

Basstölpel / copyright: Winfried Rusch
Basstölpel / copyright: Winfried Rusch

12 Kanadagänse wurden auf dem Festland am nördlichen Peenestrom beobachtet. Die Art brütet häufig in Schweden, inzwischen auch in Finnland und in Estland in größerer Zahl. Hauptüberwinterungsgebiete liegen jedoch auf Rügen und Hiddensee. Usedom liegt trotz der geringen Entfernung dorthin stark im Zugschatten, so dass Sichtungen hier nicht allzu häufig sind.

 

Vier Zwergschwäne  sind nicht viel, aber der Beobachter hat sie unter den vielen anderen Schwänen auf dem Acker entdeckt und damit seine Bestimmungsqualitäten unter Beweis gestellt.

 

2021 noch als die ganz große Besonderheit herausgestellt, gelang nun in diesem Winter erneut die Beobachtung einer Rohrweihe im Peenetal. Die Art ist eigentlich strenger Zugvogel, der in Afrika überwintert und erst im April, selten schon Ende März  zurückkehrt. Überwinternde Rohrweihen sind (noch) so selten hierzulande, dass jede Beobachtung bei der Seltenheitenkomission des Landes M-V dokumentiert werden muss, um anerkannt zu werden. 

 

So weit im Osten stellen Winterbeobachtungen von Rotmilanen auch etwas Besonderes dar. Die Art zieht im Winter eigentlich nach Südeuropa bis Spanien. Im atlantischer geprägten Westen des Landes gibt es jährlich einzelne Überwinterungsversuche. Aber gleich vier Rotmilane zur Mittwinterzählung bei uns sind viel, wobei  auch schon im Vorjahr drei Ind. gezählt wurden.

 

Beobachtungen von Limicolen sind zu jeder Jahreszeit faszinierend. In milden Wintern hat man sich an Große Brachvögel und Kiebitze fast schon gewöhnt. Auch in diesem gab Jahr es am Peenemünder Haken 160 Gr. Brachvögel und bei Kröslin eine größere Rastgemeinschaft. Kiebitze waren es nur 14 im Thurbruch. Dort waren aber z. B. kurz vor der Zählung noch 79 Ind.

 

Ein einzelner Austernfischer am Ostseestrand nahe der polnischen Grenze war wenig scheu und fand offenbar genug Muscheln zum Überleben.

 

Rotschenkel sind bei uns im Winter echte Seltenheiten. Bei den zwei Ind. am nördlichen Peenestrom und dem Einzelvogel am Stettiner Haff könnte es sich um die Unterart Tringa totanus robusta handeln, deren Brutheimat aus Island liegt. Im Wattenmeer und in der stärker atlantisch geprägten westlichen Ostsee kommt es regelmäßig zu Überwinterungen dieser Unterart.

 

64 Alpenstrandläufer, davon 62 am Peenemünder Haken, sind nicht so ungewöhnlich. Auf Grund des hohen Wasserstandes gab es jedoch kaum mehr Rastmöglichkeiten und Brachvögel und Alpenstrandläufer drängten sich auf einer kleinen Sandbank zusammen. In der Vorwoche rasteten noch ca. 250 Alpenstrandläufer am Peenemünder Haken.

 

Die vorjährige Höchstzahl von 14 Eisvögeln wurde weit verfehlt. Nur ein Eisvogel konnte rufend am Schmollensee nachgewiesen werden. Damit hat die im vorigen Winter kurz nach der Zählung einsetzende starke Vereisung wohl doch etliche Opfer gefordert. Da Eisvögel kaum ziehen, wird es bei Nahrungsknappheit schnell eng für sie. 

 

15 Schneeammern erfreuten die Beobachter an der Krumminer Wieck. Dieser nordische Brutvogel zieht hier regelmäßig im Herbst durch. Auch von Usedomer Stränden und aus dem Thurbruch gab es vor der Zählung einzelne Beobachtungen. Die Hauptüberwinterungsgebiete liegen jedoch an der Nordseeküste, wo sie in den Spülsäumen und Salzwiesen auch in größeren Trupps angetroffen werden kann.

Bericht: Bernd Schirmeister / 30.01.2022


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