Natur - leider nicht immer romantisch

Der Juni ist herangerückt und schon hat die Zeit der Heumahd begonnen. Das Erlebnis von Holger Pietsch (auch bei instagram @pietschpictures), der uns freundlicherweise seine Geschichte und dazugehörige Fotos überlassen hat, zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass die frühe Wiesenmahd für Rehkitze oft zur Todesfalle wird.

 

Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe von Wärmebildkameras und engagierten Ehrenamtlichen den unnötigen und grausamen Tod von Kitzen zu verhindern. Aus organisatorischen Gründen konnte die Wiese, auf der diese Aufnahmen gemacht wurden, nicht vorher kontrolliert werden.

 

Rotmilane und Krähen finden auch ohne getötete Kitze genug Futter, wenn sie den Mähdreschern folgen. Hier aber war die Beute offenbar auch ein totes oder verendetes Kitz, dessen Mutter noch in Reichweite war. Sie versuchte, die großen Vögel von ihrem Kitz zu verjagen (Foto 1). Dadurch wurde der Fotograf auf die Szene aufmerksam.

 

Nicht lange danach kamen die Adler. Es waren bis zu fünf dieser majestätischen Tiere. Majestät hin oder her, auch sie interessieren sich für Aas. Die ständig bettelnden Jungen fragen nicht nach dem Woher des Futters. Einer der Adler griff sich das verendete Kitz und flog an eine Stelle abseits (Foto 2).

 

Die Ricke ließ nicht ab, die großen Vögel zu attackieren. Eine dieser -natürlich erfolglosen- Attacken konnte Herr Pietsch fotografisch einfangen und im Nachhinein ein Stitching (eine montierte Fotosequenz aus mehreren aufeinanderfolgenden Bildern, Foto 3) fertigen.

 

Näheres zur Rehkitzrettung erfahren Sie über die Stiftung Perspektive Usedom 


Waldohreule entdeckt

Waldohreule / Foto: Frau Seifert, Zinnowitz
Waldohreule / Foto: Frau Seifert, Zinnowitz

Diese Waldohreule wurde von Frau Seifert aus Zinnowitz in ihrem Vorgarten fotografiert. Im normalen Farbspektrum eines Waldes könnte sie sich gut tarnen. Hier im Schnee fällt ihr das schon schwerer.

Waldohreulen ruhen am Tage, sich in einem Baum tarnend. Jetzt im Winter können das auch mehrere Exemplare an einem Ort sein, vorausgesetzt der Platz ist störungsarm. Abends fliegen sie dann gemeinsam auf Beuteflug. Dazu müssen natürlich genügend Mäuse und entsprechende jagdgeeignete Freiflächen im Biotop vorhanden sein.


Auf Spurensuche

Abenteuer bei der Wintervogelzählung

Ein Bericht von Kathrin Räsch

Im Winter ist die Aktivität in unserer Regionalgruppe naturgemäß etwas ruhiger. Corona verstärkt das. Aber es ist nicht so, dass bei uns gar nichts los ist.

Seit mehr als zehn Jahren nehmen Mitglieder unserer Regionalgruppe an der Wintervogelzählung der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern (OAMV) teil. Bei dieser Vogelzählung geht jeder der Teilnehmer einmal im Januar und einmal im Februar „seine“ Strecke ab und zählt die Vögel, natürlich nach Arten sortiert, die er dort antrifft. 

Selbstverständlich sind wir nicht alle Spezialisten. Das Beobachten und Zählen auf dieser bestimmten Strecke zur immer gleichen Jahreszeit trainiert die persönlichen Fähigkeiten im Erkennen der Vögel enorm, handelt es sich mit der Zeit doch um „die üblichen Verdächtigen“ plus immer wieder Neuentdeckungen. Das macht das Ganze so besonders: Auch wir Laien bekommen so nach und nach ein wenig Sicherheit. Wir sind im Auswerten unserer Ergebnisse auch nicht allein. Spätestens Bernd Schirmeister, unser „Gruppen-Ornithologe“ kann uns Auskunft geben. Aber auch sonst gibt es ein munteres Informations-Hin und Her unter uns Mitgliedern.

 

Winter im Wald / NABU/CEWE/Josef Graf
Winter im Wald / NABU/CEWE/Josef Graf

Jeder erlebt seine Vogelzählungen anders. Hier kommt mein Bericht aus diesen Tagen: Dass ich mich im Winter auf das Abwandern der Strecke einlasse, braucht ab und an etwas Überwindung. Es ist ja auch aufwändig. Gute zwei Stunden bin ich allein unterwegs im Wald, andere Vorhaben muss ich drum herum planen. Später erfolgt noch die Auswertung zu Hause. Aber im Lauf der Jahre habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich mich statt auf eine Wanderung eher auf eine Abenteuertour begebe. Natürlich weiß ich nie im Voraus, was da auf mich wartet, so ist das mit Abenteuern.

 

Meine Route ist ein Waldstück in der Inselmitte, annähernd ein Rechteck. Ich ging um 10,00 Uhr los. Vorher hatte es noch einmal kurz geschneit, mittlerweile taute es leicht, aber der Schnee lag noch und die Spuren des Morgens waren gut zu erkennen. Am Startpunkt sah ich einen Mann vor mir in die Richtung gehen, in die auch ich wollte. Vor mir im Schnee waren die Spuren seiner Schuhe deutlich zu erkennen, sie waren recht ungewöhnlich. So konnte ich mich im Spurenlesen Level 0, üben. Das waren doch erfreuliche Aussichten! 

 

Am Anfang meiner Strecke befinden sich noch etliche Gehöfte. Dort tummeln sich natürlich die „Vogelhäuschen-Arten“: Spatzen, Meisen und Kleiber. Aber man muss ja auch immer mit anderen Arten rechnen: andere Meisenarten, der Buntspecht oder auch Amseln und Finken. Also: gehen, stehen bleiben, horchen und schauen, zählen, schreiben, gehen, stehen bleiben… Die Anzahl der Vögel verändert sich, das Gepiepe verändert sich von laut nach ganz still. Und da hört man ihn in die Stille hinein: den Zaunkönig! Wieder einer mehr auf der Liste.

 

Und die komische Fußspur? Die ist immer noch vor mir. Lustig, wo will der Mann hin?

Das erste Viertel lag hinter mir, die zweite Seite meines Rechtecks war dran. Hier mache ich immer noch einen Abstecher an die Ostsee, dann lasse ich die Siedlungsbereiche hinter mir. Hier sind die Vögel selbstverständlich anders verteilt. Jetzt im Februar waren die Meisen als meine Begleiter über die ganze Strecke verteilt. Im Januar war es hier sehr still. 

Die Spur des Mannes fand sich weiter vor mir auf dem Boden, meine Meisen waren jedoch hoch in den Bäumen. Ich musste mich also aufs Hören konzentrieren. Und dann fielen sie mir auf: Spuren eines Tieres, die völlig anders waren als die üblichen Hundespuren, sie waren auch recht groß. Es muss ja nach dem morgendlichen Schneefall hier gelaufen sein. Ich bin kein Spurenleser. Aber spannend finde ich sie durchaus. Diese hier konnte ich nur als Dachsspuren identifizieren. Kräftige Füße sind da auf dem Weg entlangspaziert. "Spaziert" ist vielleicht das falsche Wort. Er muss munter vor sich hin galoppiert sein, immer die hinteren Füße in die Spuren der Vorderfüße, das Ganze recht gleichmäßig. Anfangs war ich noch bemüht, jeder einzelnen Spur zu folgen, dann wurde mir klar, dass er den festen Weg wie eine Autobahn nutzte: hier kam er gut voran. Ich war ganz fasziniert von diesen Spuren, die ja einen gänzlich anderen Pfotenträger verrieten als das, was ich sonst so kenne. Mal trabte er links, mal rechts, ich brauchte nur mit den Augen folgen und die besten Situationen zum Fotografieren abpassen, Belegfotos waren ja wichtig, auch wenn die Qualität zu wünschen übrig lässt. 

Aber stopp! Ich war ja aus ganz anderem Grunde im Wald! Die Vögel hatte ich bei der Spurenleserei fast vergessen. Also horchte ich, da war aber in diesem Fall nichts. Und dann ging das Spuren-Spielchen wieder los. 

Und wieder Stopp. Da waren Meisen, also zählen und schreiben. Und weiter! Da war sie, die Dachsspur! Und die von dem Mann fand sich daneben. Fast wie alte Bekannte. Doch dann war der Dachs plötzlich weg, nein, nur seine Spur war nicht zu sehen. Er hatte vielleicht etwas Verlockendes im Wald entdeckt.

Nicht lange darauf war die Spur wieder da. So gingen wir etliche hundert Meter miteinander, bis er im rechten Winkel in den Wald abbog und ich mich auf meine Vögel konzentrieren konnte. Etwas bekümmert verabschiedete ich mich von meinem Begleiter. Aber mir blieben ja noch die Vögel und die Spur des Mannes. 

Aber dieses Abenteuer sollte länger dauern. Kurz darauf ging es erst richtig los. Zu der mir vertrauten Spur hatte sich eine zweite Dachsspur, etwas kleiner, gesellt. Die beiden trabten und sprangen munter den Weg entlang, so dass ich mich unwillkürlich als Beobachter eines Schauspiels fühlte. Sie schienen sogar Spaß daran zu haben, im Schnee zu rutschen. Die Spur des Mannes ging davon unbeeindruckt weiter.

Kurz darauf wurde es sehr unübersichtlich. Die Spuren waren sowohl in meiner als auch in der Gegenrichtung zu erkennen. Waren da noch mehr kleine Spuren? Jedoch konnte ich die Spur des großen Dachses immer wieder in meiner Richtung zu erkennen. Es war zu verworren und an irgendetwas wollte ich doch denken? Ach ja, die Vögel, nebenbei. Oder waren die die Hauptsache? Das war wirklich nicht einfach.

Kurz vor meinem nächsten Abbiegen verliefen sich die Dachsspuren im Wald, die Spuren des Mannes begleiteten mich, ich lauschte meinen Vögeln und bog dann rechts ab.

Das hatte aber nur zur Folge, dass ich schnell wieder auf die Spuren "meines" Dachses (oder eines anderen großen) stieß. Auf dem Waldweg war es nicht so kontinuierlich, aber hier schenkte er mir noch mehrere Stellen, wo er sich im Schnee rubbelte. Der Abdruck der Haare war deutlich zu erkennen. Ob er sein Revier markierte? Das wird es mir nicht mehr sagen. Kurz darauf war seine Spur im Wald verschwunden und ich hatte Ruhe, um meine eigentliche Aufgabe zu erfüllen. Der Bereich, in dem ich nun war, wird bei meinen Zählungen selten von Vögeln besucht, so konnten meine Gedanken in der Erinnerung schwelgen. Vor ein paar Jahren habe ich dort Mäusespuren im Schnee entdeckt. Das war auch sehr begeisternd.

Auf dem Rest des Weges wollten mich diverse Hunde- oder Fuchsspuren ablenken. Aber mit meinem Kameraden, dem Dachs, konnten sie es nicht aufnehmen. Ach ja, es stimmt, das waren ja nur seine Spuren…

Ja, es war ein Weg voller Abenteuer. Und die Vögel kamen nicht zu kurz. Natürlich musste ich mehr aufpassen als sonst. Aber der Spaßfaktor war groß.

Ob mein „Begleiter“ wirklich ein Dachs war, das weiß ich nicht. Vielleicht kann mir jemand noch hilfreiche Tipps geben? Ich wäre dafür dankbar.

Wer nun Lust bekommen hat, selbst an der Wintervogelzählung zu beteiligen, kann sich gern über unsere Homepage melden.