Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Bericht vom Sommerfest

Aber in Klotzow am Rand des Peenetals, wo wir am 01.07.23 unser diesjähriges Sommerfest feierten, brauchte sich der Sommer keine Gedanken zu machen, denn es flogen reichlich Schwalben umher. Doch trotz der vielen Schwalben kam der Sommer auf Sparflamme daher, norddeutsch kühl, windig und sogar richtig regnerisch.

 

Eigentlich freuten sich neben Landwirten und Kleingärtnern nach der langen Trockenzeit auch alle Teilnehmer darüber, aber gerade heute während des Rundgangs zum Polder Klotzow, hätten wir es gern anders gehabt.

 

Zu Gast waren wir im Ort bei Cornelia Lorenz, einer Künstlerin, die Plastiken, Skulpturen und Keramiken herstellt und gestaltet. Sie wohnt in der ehemaligen Schule von Klotzow, einem wunderschönen alten Fachwerkbau mit bemoostem Schilfdach, in dem bis in die 50er Jahre die Klassen 1 bis 4 unterrichtet wurden.

 

Nun wimmelt es im Haus vor Kunst, meist eigenen Kreationen der Künstlerin, stilvoll in Szene gesetzt. Überall begegnete uns Schönes, Sehenswertes, Interessantes, Ungewohntes. Wir 20 Gäste wimmelten auch hinein. Draußen ging ja leider wegen des Wetters nicht. Trotzdem nahm jeder die Gelegenheit wahr, auch einen Rundgang durch den sehenswerten Garten zu machen. Sehr naturbelassen, blühte und grünte es in herrlich natürlicher Üppigkeit und Unordnung, Lebensraum und Rückzugsort. Und auch hier viel Kunst, Plastiken, Skulpturen.

Und was für ein Ausblick. Das Haus liegt direkt am Hang des Peenetals und der Blick schweifte weit über den Polder Klotzow, den Peenestrom zur Zecheriner Brücke und die Insel Usedom. Ohne Sonne schon ein beeindruckender aquatischer Naturraum.

 

Inzwischen hatten alle Gäste ihre üppigen Beiträge für das Fest die schmale und steile Treppe hochgewuchtet. Kurzerhand wurde das Gästewohnzimmer von Frau Lorenz in der oberen Etage zum Sommerfestidyll. Teppich aufgerollt, doch nicht ganz so kurzerhand mitgebrachte (und auch die Treppe hochgewuchtete Stühle) aufgestellt, dazu mehrere der allerwärts vorhandenen Tische und fertig war die Sommerfestmeile, mit noch besserem Blick aus dem Fenster über das weitläufige Peenetal.

 

Nach den vielen optischen Reizen und den Vorbereitungen gab es jetzt Kaffee und Kuchen- nein, erst kurze Rede und Gastgeschenk von Kathrin, auch unsere Gastgeberin, Frau Lorenz stellte sich vor. Nun aber- nein wieder nicht, denn erstaunt stellten wir fest, dass jeder anderes Geschirr hatte. Teller und Tassen alles Unikate, natürlich selbst getöpfert von Frau Lorenz. Jetzt ließen wir uns den leckeren selbstgebackenen Kuchen schmecken.

 

Die Schlemmerei rief nach Bewegung. Also machten wir uns auf den (kurzen) Weg zum Polder Klotzow. 

Unterwegs im Vorpommerschen Sommer
Unterwegs im Vorpommerschen Sommer

Bei den Poldern des unteren Peenetals handelt es sich um ehemalige Saatgraslandpolder, zu DDR- Zeiten melioriert und intensiv bewirtschaftet mit jährlich mehrmaliger Mahd. Das führte zu starken Moorsackungen bis 50 cm unter dem Mittelwasserstand der Peene und zur Freisetzung großer Mengen treibhausrelevanter Gase. Die systembedingten Veränderungen nach 1990 führten zur Nutzungsaufgabe großer Anteile des Intensivgraslandes, wobei auch die vorhandenen Entwässerungssysteme außer Betrieb gingen. Deshalb stehen die tiefliegenden Bereiche heute dauerhaft oder zeitweise unter Wasser.

 

Eine Initialzündung für die Renaturierung der Polder lieferte das Jahrhunderthochwasser am 04./05.11.1995, bei der am Stettiner Haff  Deiche brachen und die tiefer liegenden Wiesen großflächig voll Wasser liefen und somit der Nutzung entzogen wurden. Weitere Polder wurden anschließend renaturiert, auch um Ausgleichsflächen für Industrieansiedlungen und Bauvorhaben in Lubmin zu haben (Nordstream I und II, Gasanlandestation). Das ist nicht nur praktischer Natur- und Artenschutz, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, denn das neu entstandene und vielleicht sogar wieder wachsende und Torf akkumulierende Moor bindet wieder Kohlenstoff.

Der Polder Klotzow hat eine Größe von über 200 ha und wurde 2008/09 renaturiert. Dazu wurde am Peenestromdeich eine Verrohrung eingebaut, die bei unregelmäßig stattfindenden Hochwasserereignissen Wasser in den Polder lässt, durch eine Klappe aber verhindert, dass Wasser wieder herausfließt. Weiteres Wasser wird dem Polder durch Hangdruckwasser vom Peenetalhang zugeführt.

 

Der Polder unterliegt im Laufe seiner Existenz starken Veränderungen. Erlenbrüche sterben bei dauerhafter Überflutung ab, ebenso Weiden und die Grasdecke. Schilf, Rohrkolben und andere Wasserpflanzen siedeln sich an. In trockenen Jahren kann die Polderfläche weit austrocknen, in nassen Jahren und bei häufigem Hochwasser steht viel Wasser in der Fläche. So ergeben sich unterschiedliche Bedingungen, die für eine hohe Artenvielfalt sorgt. Schnell siedeln sich neue Arten an, viele davon auf der Roten Liste stehend, schnell entwickeln sich neue Traditionen in Brut, Rast, Durchzug, Mauser und Überwinterung.

 

Im Polder Klotzow gibt es dazu noch Torfinseln und Bülten. Wichtige Brutvögel sind Lachmöwen und Flussseeschwalben, dazu verschiedene Gründelenten, in manchen Jahren auch Hauben- und Schwarzhalstaucher sowie Weißbartseeschwalben. Für Graugänse und Höckerschwäne ist der Polder ein wichtiges Mausergewässer, finden sie hier doch Ruhe und Nahrung für die ca. sechswöchige Flugunfähigkeit, wenn die gleichzeitig abgeworfenen Schwungfedern wieder nachwachsen. Während des Zuges rasten im Sommer und Herbst tausende Gründelenten, v. a. Stock-, Schnatter- und Krickenten. Friert der Polder nicht zu, überwintern Singschwäne und Zwergsäger.

 

Naja, nun also wir am Polder, im Regen. Viel zu sehen war leider nicht, die großen weißen Punkte waren Höckerschwäne, die mittleren schwarzen Punkte Graugänse und die kleineren schwarzen Punkte dahinten tausende Gründelenten. Aber immerhin ein paar Limicolen gab es zu entdecken. Mehrfach flogen Kampfläufer auf, ebenso Bruchwasserläufer und ein Dunkler Wasserläufer. Auch zwei Seeadler flogen vorbei. Von den zahlreichen Schilfbewohnern wie Rohrsängern, Schwirlen und Bartmeisen ließ sich nichts hören und sehen. Was sollen die auch sagen bei dem Wetter und mit nassen Federn.

 

Nasse Pflanzen gab es aber von nahem zu sehen. Ochsenzunge, Natternkopf, Gänsedistel, überall stecken wieder Tiere drin. Auch Erdbeerklee, eine salztolerante Pflanze, konnte uns Werner Schnapp erklären.

Also ging es zurück ins Haus von Frau Lorenz. Dort wurde nun das üppige Abendbufett aufgebaut. Bockwurst und Wiener mussten sein, schließlich haben wir nicht gegrillt, bei dem Wetter eh kein Vergnügen. Ein Vergnügen waren aber die vielen lecker zubereiteten und angerichteten bunten Pflanzen. Kartoffelsalat, Sauerampfersalat, gemischte Salate, Eiersalat, Ofengemüse, Feta, Frischkäse, Pizzaschnecken, Obst, Kräuterbutter, dazu mehrere Sorten selbst gebackenes Brot. Überraschenderweise blieben von den großen Mengen nur geringe Reste übrig.

 

Ach so, die Schwalben. Es gibt sie auch im Haus der Künstlerin, die ein großes Herz für Tiere hat. Und dann wird auch mal eine Scheibe einflugfähig gemacht und im Flur kann gebrütet werden. Fachlichen Austausch gab es dann noch zur Herstellung von Nisthilfen für Schwalben, um den Frau Lorenz bat, aber hier ist sie durch ihren Beruf und den praktischen Umgang mit den Materialien ja selbst fachlich versiert.

 

Viele Hände schaffen schnell ein Ende. Nun wurde abgeräumt und aufgeräumt, abgewaschen und abgetrocknet, eingepackt und alles wieder die steile Treppe hinunter gewuchtet zu den Fahrzeugen und schließlich gegen 20.30 Uhr gut gelaunt die Heimreise angetreten.

 

Ein herzliches Dankeschön geht an Cornelia Lorenz als Gastgeberin, an die vielen fleißigen Köche, Bäcker und Mitbringer und unbedingt an Kathrin, bei der die Fäden der Vorbereitung und Organisation des Festes zusammenliefen und die alles zu einem gelungenen Sommerfest zusammenfügte.

Bericht: Bernd Schirmeister
Fotos: Bernd Schirmeister, Marisa Kaster, Kathrin Räsch, Jana Freitag