Ein Wohnpark für Mauersegler

OZ vom 28.07.2012, Kati Warmbier

 

Der Koserower Arnulf Parow baute auf seinem Anwesen 30 Nistkästen für die flinken Flieger


Arnulf Parow zeigt Autorin Kati Warmbier, wie die Nistkästen gebaut werden. Foto: privat
Arnulf Parow zeigt Autorin Kati Warmbier, wie die Nistkästen gebaut werden. Foto: privat

 

Koserow (OZ) - Im Ostseebad schwirren in sausendem Flug und mit laut kreischenden Rufen dutzende, schnittige Vögel umher. Mit 180 km/h im Streckenflug zählen sie zu den schnellsten Vögeln der Welt — Mauersegler. Nur im Sturzflug werden sie vom in Peenemünde und Lubmin lebenden Wanderfalken mit 320 km/h übertroffen.

„Schwalben“ hört man Touristen aus Köln sagen, doch ein anderer aus München weiß es genauer und klärt die dankbaren Rheinländer auf „Es sind Turmschwalben“. Aber auch das stimmt nicht. Zum Glück steht dicht daneben Arnulf Parow, der Herr über die schwarzen Gesellen. „Das sind eindeutig Mauersegler“, sagt der Ornithologe. Schon seit seiner Jugend hat sich der heute 71-Jährige für heimische Vogelarten interessiert. In Berlin geboren und aufgewachsen, durchstreifte er die Natur der Hauptstadt.

Das 1905 von dem Arzt Dr. Heinrich Parow erbaute Sanatorium wird seit 1991 wieder als kinder- und familienfreundliche Ferienanlage geführt, nachdem es 1953 im Zuge der Aktion „Rose“ enteignet und bis zur Wende als FDGB-Heim „Walter Ulbricht“ geführt wurde.

Hier hatte Waldschlossbesitzer Arnulf Parow auch sein Schlüsselerlebnis mit den Himmelsstürmern, als er einen abgemagerten Jungvogel auf dem Waldboden fand. Gemeinsam mit seiner Frau, einer promovierten Tierärztin, päppelte der Bauingenieur das Jungtier auf. Danach wollte Tierfreund Parow mehr für diese eigentümlichen Vögel tun. Mit seinen nur kurzen, wie verkrüppelt erscheinenden Füßen kann sich der Mauersegler lediglich an Mauerritzen oder rauhem Holz ankrallen, um in ein Gesteinsloch oder einen Nistkasten zu kriechen und darin seine bis zu drei weißen Eier abzulegen. „Apus“ — griechisch, der Beinlose“ — ist darum sein wissenschaftlicher Name. Getrunken wird selbstverständlich auch in der Luft. Was noch erstaunlicher ist, selbst die Paarung geschieht in 200 Meter Höhe.

Die Mauersegleransiedlung im Waldschloss Parow war eine sehr gute Entscheidung des Hausherrn, denn besonders nach der Jahrtausendwende wurden viele technische Bauten und DDR-Neubaublöcke in Vorpommern-Greifswald nicht nur saniert und abgerissen, sondern wie in Anklam und Wolgast durch Brandstiftung abgefackelt. So herrscht in Pommern für den Höhlenbrüter Wohnungsnot, denn hunderte Brutplätze gingen verloren.

Allein im Anklamer Brauereihaus und Wolgaster Speicher brüteten vor der Wende insgesamt 16 Mauerseglerbrutpaare. Ähnlich die Verhältnisse in Greifswald, denn 1975 wurden noch 85 Brutpare gezählt, doch im Jahr 2000 waren es nur noch um die 40.

So begann Arnulf Parow mit Hilfe von Nachbar Werner Schnapp speziell für Mauersegler im Laufe der Jahre 30 Nistkästen zu bauen. Diese wurden mit einer Hebebühne am Waldschloss angebracht. Schon nach kurzer Zeit stellte sich ein Riesenerfolg für den Naturschutz Pommerns ein, die Hälfte ist durch die Luftakrobaten besetzt. „Die anderen Kästen sind auch bezogen, denn hier haben sich Sperlinge und Stare häuslich eingerichtet“, so Parow. Nach dem Ausflug der meist zwei Jungvögel werden die Nistkästen gesäubert. Die Hälfte der Brutstätten werden dann für die kommende Brutsaison für die Mauersegler reserviert, indem sie mit einer Klappe verschlossen werden. Die anderen Kästen beziehen die Sperlinge als Winterquartiere.

Jeder Mauersegler fängt aus Dankbarkeit im Bereich des Waldschlosses und der Umgebung von Koserow über eine Million Mücken und andere Schadinsekten. Übrigens, wer sich für die Ansiedlung dieser Sommerboten auf seinem Grundstück interessiert, dem steht der Vogelexperte als Berater gern zur Verfügung. Wer einen jungen Mauersegler findet, kann diesen beim Ortsgruppenleiter des NABU Deutschlands, Norbert Warmbier, in der Demminer Straße 34 a in Anklam abgeben. Hier werden dann die Pflegemaßnahmen eingeleitet.

In den Kästen leben auch Sperlinge und Stare.“Arnulf Parow, Koserow

Kati Warmbier